Weltadipositastag 2023

Am 4.3.2023 war Weltadipositastag. Mich hatte Andreas Herdt von der Adipositaschirurgie Selbsthilfe Deutschland e.V. zu einem Vortrag nach Frankfurt eingeladen. Neben Vorträgen zu Adipositas bei Kindern, American Football und die Chancen von adipösen Menschen in diesem Sport, Adipositaschirurgie und Ernährung nach der bariatrischer OP sowie diversen Sporteinheiten, ging es in meinem Vortrag um die psychologische Begutachtung im Vorfeld der OP. Zusätzlich zu den Zuschauern vor Ort waren über 300 Menschen online dabei! Ich habe Menschen kennengelernt, die genau wie ich begeistert und gerne mit Menschen mit Adipositas arbeiten:

Die Sporteinheiten von Melly Dibbern auf dem Stuhl (Zumba und Tabata) hatten es wirklich in sich! Melly bietet Online Kurse an auch für Menschen mit über 200 Kilo Gewicht. Selbst, wenn nur wenig Bewegung möglich ist, gibt es Kurse im Bett. Ich finde es super, dass es solche Angebote gibt, die den Zugang zur Bewegung vielen Menschen mit Adipositas ermöglichen.

Mit einer ansteckenden Begeisterung hat Thorsten Kruppka von den Rockets Offenbach von den Möglichkeiten beim American Football berichtet. Ein Sport, der übergewichtige Mitglieder braucht und allen Männern, Frauen und Kindern neues Selbstvertrauen gibt!

Antje Müller kümmert sich seit 2008 um die Ernährung vor und nach bariatrischen Operationen. Ich mag ihren individuellen, wertschätzenden Arbeitsstil. Wichtig ist der Genuss und den eigenen, passenden Stil zu finden.

In meinem Vortrag ging es darum, die Angst vor der psychologischen Begutachtung zu nehmen und den Sinn der Begutachtung deutlich zu machen. Viele meiner Patienten haben Angst zu versagen und „durchzufallen“ und damit die OP nicht zu bekommen. Es geht aber nicht darum, Hindernisse in den Weg zu legen, sondern „Stolpersteine“ zu finden, die den positiven Ausgang der OP gefährden können. Es ist wichtig, sich um Stressessen, emotionales Essen usw. vor der OP zu kümmern. Auch unbehandelte Essstörungen müssen vor der OP angegangen werden. Andere psychische Erkrankungen wie schwere Depressionen, Suchterkrankungen oder Traumaerkrankungen müssen ebenfalls vorher oder begleitend behandelt werden. Ich schaue aber auch nach Ressourcen und Unterstützungsmöglichkeiten und ermutige, viele Gewohnheitsänderungen wie das Abgewöhnen kohlensäurehaltiger Getränke oder das zeitliche Trennen von Essen und Trinken schon vor der OP zu üben.

In den über 9 Jahren, die ich jetzt schon Begutachtungen durchführe, habe ich noch nie jemandem endgültig die OP abgelehnt. Ich gebe Empfehlungen und mache Auflagen. Nach deren Erfüllung kann die OP dann stattfinden. So kann ich ambulante Psychotherapie oder einen psychosomatischen Kliniksaufenthalt vor oder nach OP empfehlen, oder auch bei Suchtverhalten einen Abstinenznachweis fordern. Aufgrund der Möglichkeiten von Auflagen lege ich allen Patienten nahe, das Gutachten möglichst zu Beginn des Prozesses auf dem Weg zur OP durchzuführen, um den Zeitplan nicht ins Wanken zu bringen. Wichtig ist es auch, einen Gutachter zu finden, der sich mit den Anforderungen und Veränderungen bei bariatrischen Operationen auskennt und weiß, wovon er redet. Nicht zu letzt ist es wichtig, daß die Patienten ehrlich zu mir sind, weil sie sich sonst nur selber schädigen und die OP nicht den erwünschten Erfolg bringt.

Hier sind die Folien meines Vortrags. Gerne können Sie mich bei Fragen kontaktieren!

Achtsames Gehen im Regen

Das Regenwetter der letzten Tage hat unsere Spazierwege, die wir uns mit Pferden und Traktoren teilen, in wahre Schlammgruben verwandelt. Mit tief in die Stirn gezogener Kapuze zog ich mit Molly im Regen los. Forschen Schrittes, da ich schon beim Losgehen wieder an die warme und trockene Wohnung dachte... Und Schwupps rutschte ich im Matsch aus und konnte mich gerade noch so fangen. Also hielt ich erst einmal Inne. Da kamen mir drei Gedanken:

  1. Ein Ausspruch von Karl Valentin:

    „Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es trotzdem.“

    Darüber musste ich dann erst einmal lächeln.

  2. Das Kapitel „Durch den Matsch stiefeln“ von Annabel Streets aus Auf die Füße,fertig,los!. In diesem Kapitel berichtet sie von verschiedenen Forschungsergebnissen die belegen, daß Bodenmikroben eine positive Auswirkung auf den Organismus haben. Die Produktion des Antistresshormons Seretonin wird angeregt, Angstgefühle können sich reduzieren und die Konzentration kann sich verbessern. - Also warum nutze ich diese positiven Effekte nicht? Als erstes mal tief den Duft der Erde einatmen! Das führte mich zu:

  3. Achtsames Gehen! Dabei spüren Sie bewußt, wie Sie den Fuß anheben, das Gewicht verlagern, den Fuß nach vorne schieben und wieder mit dem Boden in Kontakt kommen. Nach einer Weile können Sie dann die Achtsamkeit auf alle Körperempfindungen richten: den Atem, den Fluss der Bewegungen, den Rhythmus der Schritte. Während Sie achtsam gehen nehmen Sie mit allen Sinnen wahr was um Sie herum geschieht. Ich habe die Regentropfen auf der Kapuze gespürt und gehört. Ich habe (da ich Barfußschuhe trage) den weichen Boden und auch die kleinen Steine oder Grasbüschel unter den Sohlen gespürt. Ich habe den Wind im Gesicht gespürt und die Erde gerochen. Meine Schritte haben sich automatisch verlangsamt.

/images/stiefel.jpg

Was glauben Sie, wie habe ich mich danach gefühlt? Wollte ich immer noch schnell nach Hause? Fand ich den Spaziergang als lästige Pflicht?

Ich habe mich leicht gefühlt und zufrieden. In dem Bewusstsein, mir etwas Gutes getan zu haben. Mir hat es nicht nur wieder vor Augen geführt, wie bereichernd Achtsamkeit ist, sondern auch wie sehr eine Situation von unserer Bewertung abhängt. Es war immer noch regnerisch, nass und kalt – trotzdem war ich rundum zufrieden! Und ja, ich freue mich auf den nächsten Regenspaziergang!

Wie wäre es, wenn Sie den nächsten Regen positiv entgegen sehen und vielleicht auch mal das achtsame Gehen üben – da geht narürlich auch bei Sonnenschein :).

Psychotherapie scheitert am Stuhl

Es ist schon schwer genug, einen ambulanten Psychotherapieplatz zu bekommen. Um so mehr frustriert es mich, wenn Menschen mit Adipositas berichten, dass sie endlich einen ersten Termin haben und es dann am Stuhl scheitert. Nicht nur ambulante Kollegen, auch psychosomatische Kliniken sind oft nicht auf hohes Übergewicht eingerichtet.

/images/stuhl.jpg

Unser Schwergewichtsstuhl ist nicht das schönste Modell auf dem Markt, aber es eröffnet den Patienten die Chance auf adäquate Behandlung. Ich wünschte mehr Kollegen würden bei der Einrichtung ihrer Praxis auch auf die Bedürfnisse von Menschen mit Adipositas achten. Eine Investition, die für viele die Chance auf dringend notwendige Psychotherapie erhöhen würde!

Selbsthilfe

Das Thema der Selbsthilfe begleitet mich schon fast meine gesamte berufliche Tätigkeit. Lange habe ich eine Selbsthilfegruppe von ehemaligen stationären Patienten betreut. Den Patienten, denen ich im Rahmen meiner Gutachtertätigkeit in Vorbereitung für eine Magenoperation begegne, empfehle ich, sich einer Selbsthilfegruppe von Erfahrungsgenossen anzuschließen, um Unterstützung bei Schwierigkeiten zu bekommen. Es hat mich deshalb sehr gefreut, daß ich der Selbsthilfe-Kontaktstelle Wetteraukreis ein Interview zum Thema Essstörungen für die aktuelle Selbsthilfezeitung geben konnte. Sie finden die Ausgabe mit meinem Interview hier: Selbsthilfezeitung für die Wetterau, Nr. 44 Sommer 2022

Atemübung

Am Dienstag habe ich an einem Onlineseminar teilgenommen. Fast alle Teilnehmer kamen direkt von der Arbeit ins Meeting. Die Seminarleiterin hat zur Einführung eine geleitete Atementspannung durchgeführt. Leider war ihre Anleitung für mich zu schnell, aber als ich mich auf mein Tempo konzentriert habe, habe ich die Wirkung spüren können. Ich fühlte mich weniger gehetzt und konnte mich besser konzentrieren. Das hat mir mal wieder klar gemacht, dass ich im Alltag diese immer vorhandene Ressource zu selten nutze. Der Atem steht uns als Instrument immer zur Verfügung. Biathleten, Sportschützen und Yogalehrer wissen um seine Wichtigkeit. Im Yoga gibt es viele verschiedene Formen des Atmens – das Pranayama. In der Yogapraxis lernen die Übenden damit besser zu atmen, wodurch ihr Körper und Geist belebt werden. Der Körper nimmt mehr Sauerstoff auf und unterstützt die Ausscheidung über die Lungen. Pranayama entspannt und eignet sich hervorragend bei der Stressbewältigung.

Meine Lieblingsatemübung aus dem Yoga ist die Wechselatmung. Diese wirkt:

  • ausgleichend und harmonisierend auf unser ganzes System.

  • fördert die Konzentrationsfähigkeit.

  • fördert innere Ruhe und emotionale Ausgeglichenheit.

  • Öffnet die Atemwege der Nase.

Hier eine kleine Anleitung zum Ausprobieren: Die Wechselatmung erhält ihren Namen daher, daß abwechselnd durch die Nasenlöcher geatmet wird. Hierzu verschließt man mit der Hand im Wechsel die Nasenlöcher. Mit der rechten Hand formen Sie hierfür das Vishnu-Mudra. Zeige- und Mittelfinger verbleiben zusammengerollt an der Hand. Nur Daumen, Ringfinger und der kleine Finger bleiben ausgestreckt:

/images/fingerhaltung.jpg

Finden Sie eine bequeme Sitzposition und verschließen Sie mit dem Daumen nun die rechte Seite des Nasenflügels. Atmen Sie ruhig ein.

/images/einatmen.jpg

Nehmen Sie den Daumen von der Nase und üben mit dem Ringfinger einen Druck auf den linken Nasenflügel. Atmen Sie langsam wieder aus.

/images/ausatmen.jpg

Durch diese Form der Atmung haben Sie nun über den linken Nasenflügel den Sauerstoff und die Energie eingeatmet und über das rechte Nasenloch wieder ausgeatmet. In der nächsten Runde atmen Sie auf der rechten Seite ein und über die linke Seite aus. In einem nächsten Schritt können Sie nach dem Einatmen kurz beide Nasenlöcher verschließen und eine kurze Atempause einlegen ehe Sie wieder ausatmen.

Dies ist ein Beispiel für eine gut wirkenden Atemübung. Ich wende sie immer dann an (wenn ich daran denke), wenn ich zu hektisch werde. Jedes mal bin ich wieder begeistert, wie gut sie wirkt!

Waldbaden

Da ich seit einiger Zeit einen Vierbeiner mit Namen Molly an meiner Seite habe, gehe ich viel spazieren. Um nicht immer den gleichen Weg zu gehen, variiere ich die Strecke. Eine führt mich dabei durch ein kleines Waldstück. Dies hat mich dazu gebracht mich mit dem Waldbaden auseinander zu setzen. Dieser Begriff ist aus dem japanischen zu uns gekommen. In Annette Lavrijsens Buch Shirin Yoku – Waldbaden die heilende Kraft der Natur bin ich auf einige interessante Informationen gestoßen. In verschiedenen Studien konnte nachgewiesen werden, dass ein Spaziergang im Wald das Stresshormon Cortisol senkt, den Blutdruck senkt und die Herzfrequenz verringert.

Das wollte ich jetzt selber wissen. Bei den nächsten Spaziergängen mit Molly bin ich bewusst in den Wald gegangen. Eine wichtige Vorbereitung um mich auf den Wald zu konzentrieren war, dass Handy auszuschalten :). Ich habe mich versucht ganz auf den Wald zu konzentrieren mit allen Sinnen (was höre ich, was sehe ich, was rieche ich, was fühle ich). Es war spannend zu merken, daß ich mit jedem Spaziergang etwas anderes wahrgenommen habe z.B. das Klopfen des Spechts, den geringelten Farn, den Geruch der Erde nach einem Regen und die Rinde eines Baumes unter meinen Händen. Ich habe gemerkt, daß ich sobald ich den Wald betrete ruhiger werde. Ich gehe langsamer, schaue mich bewusst um und meine Gedanken sind weniger mit anderen Dingen beschäftigt.

Eins hat mich neugierig gemacht: Die Idee an einem Baum eine meditative Übung durchzuführen. Bei meinem nächsten Spaziergang habe ich mir einen Baum ausgesucht, eine Eiche. Ich habe mich an den Baum gestellt, die Füße fest auf dem Boden, die Hände oder eine Hand an der Rinde. Dann atme ich mehrmals tief und regelmäßig in den Bauch. Ich schließe die Augen und stelle mir vor, wie der Baum tief verwurzelt ist und wie er stark in den Himmel aufragt. Dann verbinde ich dies mit einer Achtsamkeitsübung in dem ich mich auf das konzentriere was ich unter meinen Händen und Füßen spüre, was ich höre und was ich rieche. Selbst Molly legt sich ruhig neben mich, aber vielleicht ist ihr auch nur langweilig weil ich so viel Zeit an dem Baum verbringe ;)

Mir tut es gut und ich fühle mich danach ausgeglichener und zufriedener (meistens). Jedesmal, wenn wir in den Wald gehen mache ich diese Übung. Als nächstes will ich noch meinen Blutdruck messen vor dem Spaziergang und danach schauen, ob sich auch hier was tut.

Damit Sie eine Vorstellung von "meinem" Wald bekommen, hier ein Bild:

/images/wald.jpg

Probieren Sie es doch auch einmal aus!

Ein Blog - Und Ich?

Was gibt es was Sie interessiert? Ich an Ihrer Stelle hätte Interesse an praktischen Inhalten weniger an einer Auflistung und Präsentation von Studienergebnisse. Also lasse ich Sie teilhaben an einem Teil meines Berufsalltags. Ich bin immer auf der Suche nach Interventionen, Übungen, Literatur für meine Arbeit. Da ich Ihnen nicht empfehlen will, was ich nicht selber ausprobiert habe, teste ich die Übungen bei mir selbst oder lese die Bücher die ich Ihnen empfehlen will selber.

Hier möchte ich sie an meinen Übungen teilhaben lassen. Ich werde das Rad nicht neu erfinden und auch nicht immer den neusten Trend parat haben. Sie erhalten Einblicke in solide, wissenschaftlich basierte Interventionen. Und ich berichte Ihnen auch von möglichen Schwierigkeiten oder Fallstricken.